
Werte & Normen / Philosophie
Der Unterricht im Fach Werte und Normen
⦁ gründet auf drei Bezugswissenschaften: Philosophie, Gesellschaftswissenschaften und Religionswissenschaft,
⦁ ist für alle offen (unabhängig von Religionszugehörigkeit und Glauben) und vermittelt auch religionskundliche Kenntnisse,
⦁ ist in besonderer Weise dem allgemeinen Bildungsauftrag einer Persönlichkeitsentwicklung „auf der Grundlage des Christentums, des europäischen Humanismus und der Ideen der liberalen, demokratischen und sozialen Freiheitsbewegungen“ (§ 2 NSchG) verpflichtet. Zentraler Bezugspunkt ist hierbei stets die Unverbrüchlichkeit der menschlichen Würde – einer spezifischen Würde, die mit der Autonomie des Menschen auch insofern aufs engste zusammenhängt, als sie einen Eigenwert darstellt, der durch andere Prinzipien, externe Interessen, Nützlichkeit etc. in keiner Weise relativierbar oder gar verrechenbar ist,
⦁ fördert die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler hinsichtlich der Entwicklung einer eigenständigen, reflexionsstarken und empathischen Identität als grundlegende Voraussetzung für eine selbstbestimmte, wachsame und verantwortungsbewusste Lebensgestaltung – was gleichermaßen auch die Befähigung zur Übernahme gesellschaftlicher Mitverantwortung meint,
⦁ vermittelt Orientierungswissen in einer hochkomplexen Welt und innerhalb ihrer ebenso unüberschaubar wie unverbindlich gewordenen Sinnangebote,
⦁ schult die Erkenntnisfähigkeit in einer Welt, deren Wahrheiten vorwiegend relational erschlossen werden müssen – ganz ausdrücklich im Unterschied zur vielzitierten Rede, alle Wahrheit sei relativ, also subjektiv-beliebig!,
⦁ ermöglicht ein Verständnis der Werte unserer Verfassung und macht bewusst, dass es auch in einer Zeit vielfältigster und mitunter gegenläufiger Perspektiven, Absichten und Handlungen einen gesellschaftlichen Wertekonsens gibt – das Grundgesetz, die UNO-Charta, praktische Vollzüge demokratischer und sozialer Rechtsstaatlichkeit und die Herausarbeitung friedensstiftender Gemeinsamkeiten der Weltreligionen (,Weltethos‘) sind hierfür zentrale Beispiele.
Philosophie spielt an der Wilhelm-Raabe-Schule eine besondere Rolle
⦁ denn Philosophie ist mit ihren Teilbereichen: Ethik, Anthropologie, Erkenntnistheorie, Rechts- und Sozialphilosophie, politische Philosophie, Metaphysik und Religionsphilosophie die wichtigste Bezugswissenschaft des Fachs Werte und Normen. Aber auch Gesichtspunkte aus der Natur- und Kulturphilosophie sowie der Ästhetik fließen in den Unterricht ein,
⦁ in Form zweier ,Arbeitsgemeinschaften Philosophie‘ – für die Sekundarstufe I (Jg. 5 bis 7 – aktuell leider nicht im Angebot!) und die Sekundarstufe II (Herr Wusterack).
Was aber ist Philosophie? Nun, sicher ist, dass bei dieser Frage viele klischeehaft verzerrte oder gar unrichtige Vorstellungen abgerufen werden: Philosophie…
⦁ sei ewiges Grübeln und beständige Sinnsuche,
⦁ sei hochtrabendes Gewäsch oder intellektuelle Aufschneiderei,
⦁ sei bierernst und nur etwas für Erwachsene oder gar Eingeweihte. – Aber auch umgekehrt: Alles Nachdenken sei bereits Philosophieren oder Philosophieren nur eine Haltung, ein Leitbild, ein ,Spirit‘ („Lebensphilosophie“, „Unternehmensphilosophie“, …).
Dass Philosophie weltfremd sei und bloße Theorie, ist unter den üblichen Auffassungen gewiss die problematischste, denn das genaue Gegenteil ist richtig. Der Grund für derartige Fehlvorstellungen liegt auch darin, dass die gestellte Frage keineswegs einfach zu beantworten ist: Weder kommt man der Philosophie durch Angabe einer Begriffsbestimmung wirklich näher (im Stile einer begriffsbestimmenden Definition etwa: ,Liebe zur Weisheit‘ usw.), noch ist die Auseinandersetzung mit philosophiegeschichtlichen Positionen alleine ausreichend. Es liegt vielmehr im Wesen der Philosophie selbst, dass sie Praxis ist, dass sie nur im praktischen Vollzug, d.h. im Dialog erlernbar ist! Diese ernsthafte und mitunter auch sehr heitere Unterredung zwischen denkenden und empfindenden Menschen ist in den höheren Jahrgangsstufen dann zunehmend auch Zwiegespräch mit den Texten der verschiedensten Philosophen.
Philosophieren heißt: Fragen stellen. Fragen nach Bedeutung, Ursprung und Folgen der Dinge.
Fragen, die gerade auch das Selbstverständliche hinterfragen und die Dominanz des Faktischen unterlaufen. Im Kerncurriculum bildet sich das bereits in den sog. ,Inhaltsbezogenen Kompetenzbereichen‘ ab, die jeweils den Rahmen für den Unterricht in den Doppeljahrgängen der Sekundarstufe I bilden:
⦁ Fragen nach dem Ich
⦁ Fragen nach der Zukunft
⦁ Fragen nach Moral und Ethik
⦁ Fragen nach der Wirklichkeit
⦁ Fragen nach Orientierungsmöglichkeiten
Philosophieren heißt aber auch: Antworten finden. Antworten, die auf spannende und mitunter auch mühsame Begriffsarbeit aufbaut. Antworten, die dann für jeden logisch nachvollziehbar, d.h. rational sein müssen. Antworten, die schließlich gemeinsam zu untersuchen, d.h. auf die Struktur und Kohärenz des vorgetragenen Argumentationsganges zu befragen sind.
Die Leitthemen der Doppeljahrgänge gegliedert nach Kompetenzbereichen – Sekundarstufe I

Inhaltsbezogene Kompetenzbereiche – Sekundarstufe II



Christoph Julius (Fachobmann)