
Politik & Wirtschaft
Die Gedenktafel im ersten Stock unserer Schule erinnert an den Lehrer und Schriftsteller Robert Brendel, der seit der Weimarer Republik als Lehrer an unserer Schule lehrte und der wegen seiner Ehe mit einer Halbjüdin im Jahre 1934 von den Nationalsozialisten aus dem Schuldienst entlassen wurde. Mit Weitsicht, Mut und Glück gelang es ihm, seine Frau vor dem Transport aus Lüneburg in ein Konzentrationslager zu bewahren. So rettete er ihr Leben.
Für unseren Unterricht im Fach Politik-Wirtschaft verstehen wir das Wirken Brendels als Auftrag: Verantwortung für sich und andere übernehmen, die Demokratie aktiv mitgestalten, selbstbewusst als „mündiger“ Staatsbürger auftreten – so ließe sich sein Erbe umschreiben. Konkret sollen Raabeschüler/-innen die Einsicht und die Befähigung gewinnen, dass es in der Demokratie der Bundesrepublik Deutschland, innerhalb des europäischen Integrationsprozesses und letztlich in der globalisierten Welt darauf ankommt, sich am politischen Prozess zu beteiligen. Über die Wahrnehmung von politischer, gesellschaftlicher, ökonomischer und ökologischer Wirklichkeit hinaus beinhaltet der Politikunterricht somit die Förderung von Handlungskompetenz und die Klärung objektiver Handlungsmöglichkeiten.
Dass dabei Realitätserkundungen und Handlungsorientierung von zentraler Bedeutung sind, liegt auf der Hand; wobei die Grenzen zwischen schulischem Lernen in unserem Fach und Handeln im wirklichen Leben überschritten werden. Beispiele hierfür sind das Schülerbetriebspraktikum, verschiedene berufs- und studienwahlorientierende Maßnahmen, die Teilnahme am Management Information Game, der Besuch von Unternehmern oder politischen Entscheidungsträgern in der Schule mit Diskussionen sowie die inzwischen fest an der WRS etablierte ‚Historisch-politische Berlinfahrt‘ der Klassen des 10. Jahrgangs.
Die Vielschichtigkeit und die Komplexität unserer modernen Gesellschaften in Deutschland, Europa und der Welt machen insbesondere für junge Menschen Orientierungswissen, –erfahrungen und –fertigkeiten erforderlich, die unter anderem von der Schule und gerade auch im Unterricht Politik-Wirtschaft vermittelt werden.
Das niedersächsische Kerncurriculum für die Schuljahrgänge 8-10 an Gymnasien benennt als zentrale Aufgabe für den Unterricht, Schülerinnen und Schüler „in die Lage zu versetzen, politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Sachverhalte, Probleme und Interdependenzen zu erfassen, zu beurteilen sowie Interessen zu artikulieren und Entscheidungen zu treffen. Die im Bereich der politischen und ökonomischen Bildung erwarteten Kompetenzen sollen die Lernenden dazu befähigen, sich in der demokratischen Gesellschaft in öffentlichen Angelegenheiten und ökonomischen Situationen verantwortungsbewusst einzubringen“.
Die im Fach Politik-Wirtschaft behandelten Unterrichtsinhalte tragen zur individuellen Orientierung und Zukunftsplanung der Schülerinnen und Schüler bei und legen den Fokus auf die Stabilität und Fortentwicklung unserer Demokratie und über Europa hinaus in einer sich immer stärker vernetzenden Weltgesellschaft. Der Handlungsansatz der Wilhelm-Raabe-Schule als UNESCO-Projektschule hebt die Nachhaltigkeit als Konzept zur Bewahrung und Fortentwicklung unserer Welt dabei besonders hervor.
Beginnend mit Jahrgang 8 setzen sich die Schülerinnen und Schüler zunächst mit ‚Politischen Entscheidungen im Nahbereich‘ (Kommunalpolitik in Lüneburg) auseinander und lernen im zweiten Halbjahr, ihre eigene Rolle innerhalb der ‚Konsumentscheidungen Jugendlicher‘ zu reflektieren.
Unterrichtsinhalt in der 9. Klasse ist zunächst die Welt der ‚Unternehmen‘; die kommunale Dimension von Politik wird dann um Aspekte der Politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse auf Bundesebene erweitert.
Die Themenfelder ‚Wirtschaftsordnung‘ und ‚Europäische Union‘ im Jahrgang 10 ermöglichen den Jugendlichen Orientierung und Zurechtfinden in größeren politisch-ökonomischen Zusammenhängen.
Für die Einführungsphase in die Oberstufe (11. Jahrgang) gilt eine Zweiteilung des Unterrichts in ‚Politik-Wirtschaft‘ einerseits (Themen: Wandel, Internationalisierung von Unternehmen sowie UNO) und Berufsorientierung (inkl. des zweiwöchigen Schülerbetriebspraktikums im Januar) andererseits. In den drei- bzw. fünfstündigen Prüfungskursen der Qualifikationsstufe (12. und 13. Jahrgang) bis zum Abitur gibt es vier Halbjahresthemen, innerhalb derer von Abiturjahrgang zu Abiturjahrgang unterschiedliche thematische Schwerpunkte gesetzt werden. Im Rahmen der Themen ‚Partizipation und Demokratie ‘, ‚Wirtschaftspolitik in der sozialen Marktwirtschaft‘ (12) sowie ‚Sicherheits- und Friedenspolitik‘ und ‚Internationale Wirtschaftsbeziehungen‘ (13) berührt der schulische Unterricht wichtige Themen der Lebenswirklichkeit unserer Gesellschaft.
Sowohl unser hier abrufbares schuleigenes Fachcurriculum für die Mittelstufe als auch das Kerncurriculum für die Oberstufe geben allen Interessierten einen näheren Einblick in Inhalte und Kompetenzen des Faches Politik-Wirtschaft und dienen uns Fachlehrern als Richtschnur für unsere Arbeit in den Klassen. Wir danken insbesondere schulexternen Partnern und Einrichtungen für die Unterstützung unserer Arbeit und wünschen allen Beteiligten viel Freude und gute Erkenntnisse!
Dr. Michael Ebert (Fachobmann)